2012-10-30

Alchemie, die Grundlage jeder sexualmagischen tantrischen Praxis

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Der ein oder andere Leser will vielleicht mit Magie und Alchemie nichts zu tun haben. Sie wecken kein Interesse, denn es sind die Wissenschaften von gestern. Daraus wird gefolgert, dass es sie heute nicht mehr gibt und vor allem, dass sie keine Anwendung mehr finden, geschweige denn, tatsächliche Auswirkungen in der Realität haben. Darüber hinaus sind sie für viele Menschen von höchst esoterischer Qualität und stehen somit nicht in Beziehung zum tibetischen Buddhisamus und tantrischen Hinduismus. Schließlich, so die Meinung vieler, geht es um die Lehre Buddhas und nicht um irgendwelche esoterischen Lehren,
Als Betroffene sage ich ganz klar, dem ist nicht so. Die Alchemie ist die "Technik" mit der die Ideologie, der schwarzmagische background, die Überzeugung, oder wie wir im Westen sagen, das credo eines Tantrikers durchgeführt wird. Sie ist der wahre Inhalt der sexualmagischen Tantras, der rituellen Vorschriften. Die Lehre Buddhas ist nur der Schleier, der über allem liegt und den es heißt endlich zu lüften.
Sexualmagische, tantrische Praktiken basieren auf dem Hintergrund der Alchemie und damit auf einer ganz bestimmten Sichtweise dieser Welt und des Umgangs mit ihr.

Um Sexualmagie zu verstehen, ist es unumgänglich, für die damit verbundenen Inhalte der Alchemie Verständnis aufzubringen.
Wer dies tut, für den erübrigen sich einige Fragen, die immer wieder gestellt werden. Schaut man ins Internet, wird bereits häufig über sexuellen Missbrauch, vor allem im tibetischen Buddhismus, berichtet. Dies sowohl von Seiten engagierter Menschen, als auch von betroffenen Frauen selbst. Im tantrischen Hinduismus steht dieser Aspekt nicht so im Vordergrund, da aufgrund des westlichen Verständnisses von Tantra bekannt ist, dass dort mit Sexualität gearbeitet wird, so dass hier das Thema sexueller Missbrauch noch nicht so akut ist. 

In Diskussionsforen tauchen immer wieder die gleichen Fragen auf. Allerdings bewegt sich die Diskussion weltweit immer auf einer bestimmten Ebene, nämlich der Ebene, die uns von unserer modernen, psychologischen Aufklärung her zum Thema sexueller Missbrauch bekannt ist. Aber diese Form der Diskussion läuft im Kreis und führt zu keinerlei Ergebnis. Da tauchen Fragen auf wie: Dürfen Lamas Sex haben, da sie doch angeben, zölibatär zu leben? Ist Sex mit erwachsenen Frauen Missbrauch, wenn er freiwillig geschieht? Ist Sex mit Schülerinnen Missbrauch? Ist Sex mit dem Lehrer tatsächlich hilfreich für die eigene spirituelle Entwicklung etc. etc.? Diese Fragestellungen zur Sexsualität kann man beliebig fortsetzen. Da wird argumentiert, philosphiert, verteidigt und beschuldigt und wenn gar nichts mehr hilft, der moralisch - ethische Aspekt ins Feld geführt. Alle diese intellektuellen Verrenkungen führen eher in die Verwirrung, als zur Klärung. Es ist keine moralisch - ethische Frage. Im tantrischen tibetischen Buddhismus und tantrischen Hinduismus gibt es weder Moral, noch Ethik, aber es gibt einen alchemistischen Prozess, der eine Ideologie beinhaltet. Wenn dieser Prozess verstanden wird, dann ist es auch keine Frage mehr, was es mit dem "sexuellen Missbrauch" auf sich hat.

Bereits 1999 haben die Eheleute Trimondi in ihrem Buch "Der Schatten des Dalai Lama" diesen Prozess intensiv dargelegt. Ich empfehle jedem Interessierten, dieses Buch zu lesen, auch wenn es auf deutsch nur noch antiquarisch zu erhalten ist. Es beschreibt das Kalachkra Ritual des tibetischen Buddhismus, ein sexualmagisches, auf alchemistischer Sichtweise beruhendes, frauenverachtendes Ritual.

 
Ich werde nun versuchen, die alchemistischen Zusammenhänge so komprimiert und verständlich wie möglich zusammen zu fassen.

Zunächst einmal sind vier Grunsaätze zu benennen, nach denen die Alchemie arbeitet.
·         solve et coagula (löse und füge wieder zusammen)
·         Trenne das Reine vom Unreinen, das Feine vom Groben.
·         Alles besteht aus drei wesentlichen Bestandteilen, nämlich aus Körper, Seele Geist.
·         Die größte Kunst in der Alchemie ist "der rechte Umgang mit dem Feuer"
Zu diesen Grundlagen geben die Tantras sehr genaue Anweisungen für den Tantra Meister. 

Solve et coagula
Für die Vorstellungskraft des von Alchemie unbedarften Lesers muss weiter erklärt werden, dass ein Alchemist nicht nur im Labor mit Stoffen und Metallen experimentiert. Wie ich oben als einen Grundsatz genannt habe: Alles besteht aus drei wesentlichen Bestandteilen, nämlich Körper, Seele, Geist. Es wird also experimentell im Labor, zugleich aber auch immer psychisch und mental gearbeitet. Hierzu schreiben die Eheleute Trimondi: 
"Doch ging es den >wahren< Adepten (ob Tantrikern oder europäischen Alchemisten) nicht nur um das reale gelbe Metall, sondern um das sogenannte >geistige Gold<. Darunter verstand man im Westen den >Stein der Weisen< oder das >hermtische Elexier<, das denExperimentator in einen Übermenschen verwandelte. Alchemie und Tantrismus haben deswegen dasselbe spirituelle Ziel. Um dieses zu erreichen, waren im Labor des Adepten mehrere Wandlungsprozesse notwendig, die nicht nur in der Gestalt von chemischen Vorgängen stattfanden, sondern die der Alchemist auch als sukzessive Transformation seiner Persönlichkeit erlebte, das heißt, seine Psyche wurde im Laufe des Experimentierens mehrmalsm >aufgelöst< und dann wieder zusammengesetzt. Solve et coagula (löse und binde) ist deswegen die erste und beklannteste Maxime der hermetischen Kunst. (Trimondi, 151)

Benjamin Walker schreibt in seinem Buch "Tantrismus" dazu: 
" Bei der inneren Alchimie begibt sich der Tantriker auf einen Weg voller Übungen und Experimente mit und innerhalb des Körpers und benutzt ihn quasi als Laboratorium. Sein Ziel ist die Transmutation der Substanzen in seinem inneren System durch Yoga und Magie:" (Walker, S. 69)

Ein weiterer wichtiger Grundsatz von der Vorgehensweise her ist der, dass jedes alchemistische Werk immer mit der "materia prima" beginnt.

Zur "materia prima" muss einiges erklärt werden, denn sie ist der Urgrund allen mysogynen Denkens und  aller daraus  folgernden Misshandlungen an Frauen. 
Wie das Geschlecht der Wörter schon anzeigt, handelt es sich um einen weiblichen Stoff. Diese Tatsache der weiblichen Zuordnung der "materia prima" ist in der gesamten Ideologie äußerst wichtig; denn es wird gefolgert, dass das Weibliche grundsätzlich alles Übel dieser Welt ist. Es bringt die Welt der Erscheinungen (samsara) hervor. Ich komme zurück zu meiner aus den Posts zur Magie bekannten Analogiekette, die sich in diesem Zusammenhang wie folgt darstellt: materia analog Natur analog Mutter analog Hervorbringen analogGebären. Die Frau ist aufgrund ihrer Gebärfähigkeit diejenige, die das samsara, die Welt der Erscheinungen und damit den Kreislauf der ständigen Wiedergeburten aufrecht erhält. Dies bedeutet zugleich, ein Erreichen der Erleuchtung kann noch unzählige Inkarnationen dauern. Der östlicheTantriker hat es sich nun zur Aufgabe gemacht. sich aus diesem Kreislauf der Wiedergeburten und des samsara zu befreien. Dies geschieht über die Vernichtung und Verinnerlichung des Weiblichen. "Erst mit der rituellen Vernichtung des Weiblichen kann nach dieser misogynen Logik die illusionäre Welt (Maya) überwunden und transzendiert werden." (Trimondi, 95)

Dieses mysogynste allen Gedankenguts, dieses mit männlichen Allmachtsphantasien ausgestattete Schauspiel, dieses an Bösartigkeit nicht mehr zu überbietende Procedere ist Realität im 21. Jahrhundert.


Der rechte Umgang mit dem Feuer.
Die "materia prima" wird in einem ersten Akt verbrannt. Was sich erst einmal wie ein vollkommen normaler Vorgang im Labor anhört, wird von den Eheleuten Trimondi wie folgt dargelegt: "Das Herumexperimentieren mit dem Urstoff hört sich für einen Uneingeweihten recht harmlos an.
 Dahinter verbirgt sich jedoch ein symbolischer Mord. Die schwarze Materie als ein Symbol des Urweiblichen und der machtvollen Natur, aus der wir alle stammen, wird verbrannt, oder je nach Fall auch verdampft, zerschnitten oder zersstückelt. Mit der Zerstörung der prima materia zerstören wir deswegen gleichzeitig unsere >Mutter< oder das >Urweibliche< schlechthin. Der europäische Adept schreckt denn auch nicht vor den krassen Tötungsmetaphern zurück: >Öffne den Schoß deiner Mutter<, heißt es in einem französischen Text aus dem 18. Jahrhundert, >mit einer stählernen Klinge, grabe in ihren Eingeweiden und dringe zu ihrer Gebärmutter vor, dort wirst du unsere reine Materie (das Elixier) finden.< (* Bachelard, 282) Symbolisch steht dieser gewalttätige erste Akt der alchemistischen Inszenierung mit dem Opfer, dem Tod und der schwarzen Farbe im Kontext und wird deswegen Nigredo , das heißt >Schwärzung<, genannt. (Trimondi, 153).

"Trenne das Reine vom Unreinen, das Feine vom Groben" 
Dieser Grundsatz ist in diesem Akt umgesetzt. Aus der groben Urmaterie, der schwarzen Materie, der "materia prima" hat der westliche Alchemist,  das reine Elexier gewonnen, das der östliche Tantriker Gynergie nennt. 

Entsprechend der Dreiteilung existiert das aus der Verbrennung herausdestillierte Elexier oder die Gynergie des östlichen Tantrismus, sowohl als reale Flüssigkeit, als sogenannte "Jungfrauenmilch",
 als auch als ätherische, feinstoffliche Frau im seelisch-geistigen Zustand des Alchemisten, oder Tantrikers. Diese wird mit den herrlichsten Namen belegt. Die Eheleute Trimondi nennen hier solche wie die"reine Sophia", die "keusche Mondgöttin", die "weiße Himmelskönigin". So ist der Urstoff vollendst gereinigt und das weibliche Prinzip von allen materiellen Gegebenheiten befreit.
  
Nochmals der rechte Umgang mit dem Feuer
Aber damit noch nicht genug. Es folgt noch ein dritter Schritt. Der Alchemist oder Tantriker trinkt die Jungfrauenmilch als Zeichen der Verinnerlichung des gereinigten Weiblichen auf körperlicher Ebene und er löst im geistig-seelischen Prozess die feinstoffliche Frau auf und integriert sie in sich zum Androgyn zum Herrscher gleichsam über beide Pole. Nochmals die Eheleute Trimondi: 
"......., denn erst wenn der Adept ebenso wie der Tantriker die Autonomie des femininen Prinzips völlig zerstört und es in sich integriert hat, ist das Ziel des Opus erreicht. Zu diesem Zweck bearbeitet und vernichtet er die >keusche Mondgöttin<  oder die >weiße Frau< (Inana Mudra) wiederum durch das Element Feuer.
 Der italienische Okkultist Julius Evola hat diesen Vorgang ungeschminkt und mit klaren Worten beschrieben: In dieser Phase >werden Schwefel und Feuer wieder aktiv, das lebendig gewordene Männliche wirkt auf die Substanz ein, .....gewinnt die Oberhand über das Weibliche, absorbiert es und übermittelt ihm die eigene Natur.< (* Evola, 1983, 435) Das weibliche Prinzip wird demnach gänzlich vom männlichen vereinnahmt." (Trimondi, 155)

Im Kalachakra Ritual der tibetischen Buddhismus Werden diese drei Stadien des Weiblichen wie folgt benannt:
·         Karma Mudra, sie ist die reale Frau, im übertragenen Sinn die "materia prima", die bearbeitet werden muss (mit dem Feuer), um sie aus der Welt, aus der Materie herauszulösen und sie in ihrer materiellen Form dann verschwinden zu lassen.
·         Inana Mudra, sie ist die aus der "materia prima" herausdestillierte feinstoffliche Frau mit jungfräulichen Attributen im geistig-seelischen Prozess des Tantrikers. Sie ist lediglich aus der grobstofflichen Materie herausgelöst und ins Feinstoffliche transformiert und muss demnach noch weiter bearbeitet werden.
·         Maha Mudra, sie ist die weiter bearbeitete Inana Mudra, das in den Tantra Meister schließlich integrierte weibliche Prinzip, das ihn zum Androgyn und zum Maha Siddha, zum großen Magier, macht. 
Dieses Vorgehen ist ein gigantisches zweifaches "Frauenopfer". Ähnliches findet man immer wieder im Laufe der Menschheitsgeschichte und in den verschiedenen Kulturen. Das bekannteste Frauenopfer im westlichen Bereich ist die Hexenverbrennung der Katholischen Kirche; die weisen Frauen, die als Gefahr für das männliche Prinzip und das religiöse Ziel angesehen wurden. Das Männliche dominierte sie und verbrannte sie schlichtweg bei lebendigem Leib. "Der rechte Umgang mit dem Feuer" spielte hier keine Rolle, wie übrigens auch bei den heutigen Tantrikern nicht. Ganz Europa war damals ein riesiges, öffentliches, alchemistisches Labor. Heute verbieten hier Gesetze und Menschenrechte solche Vorgehensweisen. Und so wird natürlich keine Frau mehr angezündet, wenigstens nicht öffentlich auf dem Scheiterhaufen. Der Tantriker hat dafür eine andere Form, sie zum lodern zu bringen. Er setzt mit unglaublicher Gewalt ihre Kundalini Energie in Gang, die bekanntermaßen auch als Feuerschlange gilt. Ja, der sexualmagische Tantrismus ist ein weites Gebiet, und über die Kundalini Energie gibt es noch viel zu sagen.

Hieran anschließen müsste sich nun eine Erklärung zum "sexuellen Missbrauch" im tibetischen Buddhismus und tantrischen Hinduismus, da dieses Thema eng mit dieser gesamten misogynen Ideologie verbunden ist.
Ich gebe die Erklärungen dazu in einem separaten Post und bitte den Leser, demnächst weiter zu lesen.

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