2012-05-04

Sturz vom Thron - Tibet: Vor 50 Jahren ging der Dalai Lama ins Exil (Von Colin Goldner)


(www.hurt633.blogspot.com)

Aus: http://infovs.blogsport.de/2009/03/10/tibet-vor-50-jahren-ging-der-dalai-lama-ins-exi/

 

Tibet: Vor 50 Jahren ging der Dalai Lama ins Exi

cnt-fai am 10. März 2009

Folgenden Artikel aus der Jungen Welt von Colin Goldner möchten wir euch nicht vorenthalten:

Sturz vom Thron
Tibet: Vor 50 Jahren ging der Dalai Lama ins Exil
Von Colin Goldner

Agenturmeldungen zufolge beteiligten sich am Dienstag »mehrere tausend Menschen« (AP) an Demonstrationen in Nepal, Indien, Südkorea und Australien; der Dalai Lama hielt eine Ansprache; und Hollywood-Größe Richard Gere wünschte China einen »tibetischen Präsidenten«: Mit großem Brimborium und begleitet von geschichtsklitterndem Diskantgebläse der bürgerlichen Medien begeht die internationale Tibet-Unterstützerszene den 50. Jahrestag des Lhasaer »Volksaufstandes« vom 11. März 1959. In dessen Verlauf verließ damals der knapp 24jährige Dalai Lama seinen »Löwenthron« und kehrte seither nicht mehr auf diesen zurück.

Tatsächlich zogen sich die seinerzeitigen Ausschreitungen ab dem 8. März über fast drei Wochen hin. Der 11. März wird in der verklärenden Rückschau der heutigen Pro-Tibet-Aktivisten eigens herausgehoben, da an diesem Tag die Drahtzieher des »Aufstandes«, eine relativ kleine Clique aus Hauptstadtadel und hohem Klerus, in einer sogenannten Adhoc-Resolution die chinesische Oberhoheit ab sofort für beendet erklärt hatten. In der Tat handelte es sich nicht um einen »Massenaufstand«, am wenigsten des »tibetischen Volkes«, wie immer behauptet wird, vielmehr kamen am Abend des 8. März mehrere tausend aufgebrachte Menschen vor dem Sommerpalast des Dalai Lama etwas außerhalb Lhasas zusammen: mehrheitlich Mönche der örtlichen Großklöster Drepung, Sera und Ganden, aber auch bewaffnete Untergrundkämpfer und sonstige Anhänger der »alten Ordnung«.

Es war ihnen vorgegaukelt worden, die Chinesen beabsichtigten, den Dalai Lama, der sich in seinem Sommerpalast von Norbulingka aufhielt, zu ermorden. In der Stadt selbst wurden Barrikaden errichtet, chines­ische Garnisonseinrichtungen wurden angegriffen. Ein hoher tibetischer Beamter, den die Menge der Kollaboration mit den Chinesen verdächtigte, wurde gelyncht, seine Leiche schleifte man durch die Straßen. Obwohl die Lage zusehends eskalierte, konnte das chinesische Militär erst mit einwöchiger Verzögerung eingreifen: Die Truppenstärke in Lhasa reichte nicht aus, gegen die Wütenden vorzugehen, es mußte erst Verstärkung zusammengezogen werden. Nach heftigen Straßenkämpfen war der »Volksaufstand« am 28. März beendet.

Hintergrund der »Revolte« war die Sorge der feudalklerikalen Eliten Lhasas um ihre Privilegien gewesen, die sie durch die fortschreitende Bodenreform mit Enteignung und Umverteilung des Landes an bislang recht- und besitzlose Bauern und Leibeigene bedroht sahen: Bis Anfang 1959 waren die Grundbesitz- und Herrschaftsverhältnisse im weit südlich gelegenen Lhasa-Tal, in dem die Mehrheit der tibetischen Ausbeuterklasse aus Adel und hohem Klerus ansässig war, weitgehend unangetastet geblieben. Insofern hatte es in Lhasa keine Notwendigkeit gegeben, sich gegen die Chinesen, deren Garnison bereits seit mehr als acht Jahren in der Stadt stand und von deren infrastrukturellen Verbesserungen man nur profitierte, zu empören.

Der Dalai Lama war in dieser Zeit gar zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksdeputiertenkongresses aufgestiegen. Später behauptete er, der Aufruhr vom März 1959 sei von den Chinesen selbst herbeigeführt worden: Unter Anwendung einer »altbekannten kommunistischen Technik« hätten sie die Tibeter »in gewaltsame Aktionen hineingenötigt«, um so einen günstigen Vorwand zu haben, ihrerseits gewaltsam zuzuschlagen und ihn ins Exil zu treiben.

Da das Ende seiner Herrschaft absehbar war, hatte der Dalai Lama schon Mitte der 1950er große Teile des Staatsschatzes außer Landes schaffen lassen. Die zunächst an die Grenze von Sikkim und später nach Indien verbrachten Kisten mit Goldstaub und Silberbarren aus den Schatzkammern des Potala entsprachen einer Kaufkraft von etwa 55 Millionen US-Dollar: ein für die damalige Zeit irrwitziges Vermögen, herausgepreßt aus einem der mit Abstand ärmsten Länder der Welt.

Die »Flucht« des Dalai Lama ins indische Exil war von langer Hand vorbereitet und von eigens eingeschleusten CIA-Agenten organisiert worden. Das US State Department übernahm auch die weiteren Kosten: Schon seit Mitte der 1950er wurde mit Hilfe der CIA und organisiert von zwei Brüdern des Dalai Lama ein großangelegter Untergrundkampf gegen die Chinesen geführt. Nachdem der »Gottkönig« die Verbindung zur CIA jahrzehntelang abgestritten hatte, mußte er Ende der 1990er zugeben, gelogen zu haben. Der CIA-finanzierte Untergrundterror ging bis Mitte der 1970er weiter, bis die USA in der Ära Nixon/Kissinger ihr Handelsinteresse an China entdeckten und ihr Engagement einstellten. Ab Anfang der 1980er übernahm eine andere US-Organisation die Finanzierung der antichinesischen Aktivitäten des Dalai Lama: das sogenannte National Endowment for Democracy, von dem er und seine weltweiten Unterstützergruppen jedes Jahr Millionenbeträge einstreichen.

Auch die Volksrepublik China erinnert an die Ereignisse vom März 1959. Zum 50. Jahrestag der Niederschlagung des feudalklerikalen Aufstandes wurde der 28. März zum »Gedenktag der Befreiung der Leibeigenen in Tibet« ausgerufen.

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